Verlagsprofil

Der 1993 gegründete Weidle Verlag widmet sich in erster Linie der Literatur der 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Viele Autoren, die damals ins Exil gehen mußten, gerieten nach 1945 schnell in Vergessenheit und werden nun wieder zugänglich und bekannt gemacht. Mit Hermann Borchardts Die Verschwörung der Zimmerleute wurde 2005 gar der bis dahin nur in gekürzter Fassung auf dem amerikanischen Markt greifbare Roman erstmals in voller Länge dem deutschsprachigen Publikum zur Verfügung gestellt. Wie dieser Roman thematisieren auch andere die Machtergreifung der Nationalsozialisten. Daneben erscheinen Autobiographien von Emigranten und Sachbücher.

In diesem Zusammenhang findet Gustav Mahler und sein Umfeld besondere Aufmerksamkeit. Es erschienen neben dem Briefwechsel Gustav Mahlers: »Liebste Justi!« Briefe an die Familie auch ein Band über seine Tochter, die Bildhauerin Anna Mahler, und eine Biographie über seine Nichte, die Geigerin Alma Rosé.

Des weiteren lenken Publikationen zu Alfred Flechtheim (Ralph Jentsch: Alfred Flechtheim – George Grosz. Zwei deutsche Schicksale; »Nun mal Schluß mit den blauen Picassos«. Texte des Kunsthändlers Alfred Flechtheim) den Blick auf die Situation von Kunst und Künstlern unter der Nazi-Herrschaft.

In den letzten Jahren hat sich ein weiterer Schwerpunkt herausgebildet: Mit der Erfahrung, dem Leser Exilliteratur aus der zeitlichen Ferne wieder zurück- und nahezubringen, entwickelte sich ein Programm, das auch in die räumliche Fremde greift mit Übersetzungen fremdsprachiger Gegenwartsliteratur hierzulande noch wenig oder gar nicht bekannter Autoren, die in umsichtigen Übertragungen und mit begleitenden Essays dem deutschen Leser vorgestellt werden.
Romane aus Lettland (Laima Muktupāvela) und Portugal (Ana Nobre de Gusmão) machten den Anfang; mehrere Titel aus Island (Pétur Gunarsson) und Neuseeland (Carl Nixon) waren zuletzt große Erfolge.
Carl Nixon wurde lange auf der Krimi-Bestenliste der »ZEIT« geführt, die russische Novelle Die Manon Lescaut von Turdej von Wsewolod Petrow war Buch des Monats November 2012 (Darmstädter Jury) und im Dezember 2012 auf der SWR Bestenliste. Im Oktober 2013 erhielt der Weidle Verlag den Preis der Hotlist für das beste Buch des Jahres aus einem unabhängigen Verlag (Die Manon Lescaut von Turdej, Petrow).

Zudem widmet sich der Weidle Verlag mit Wolfgang Kubin seit vielen Jahren den deutsch-chinesischen Wahlverwandtschaften, mit Essays des bekannten Sinologen und seinen Übersetzungen chinesischer Lyrik (u.a. Zhai Yongming) und Prosa (Bei Dao).

Nicht nur dank Kunstkatalogen etwa von Katharina Hinsberg, Bettina Munk, Malte Spohr, Tom Wesselmann oder Martin Noël, zuletzt Max Cole, erhält die bildende Kunst einen Raum im Verlag, die Gestaltung der Umschläge obliegt zumeist Künstlern und rundet damit Erscheinungsbild und inhaltliche Vielfalt des Verlages ab. Die Gestaltung aller Bücher obliegt seit den Anfängen des Verlags Friedrich Forssman.

In der Begründung zur Verleihung des Kurt-Wolff-Preises an den Verlag im Jahre 2005 schrieb die Jury: »Seit über einem Jahrzehnt folgt der Weidle Verlag mit seinem Buch-Programm dem Anspruch inhaltlicher und gestalterischer Perfektion.« Mehrere Auszeichnungen durch die Stiftung Buchkunst unterstreichen dies, gleichfalls der Karl-Heinz-Zillmer-Preis, den der Verlag 2000 erhielt.