D. H. Lawrence
Aarons Stab

Roman
Aus dem Englischen von Stefan Weidle
400 Seiten
Fadenheftung, fester Einband
€ 23
ISBN: 978-3-931135-74-4
Erschienen: 2004
Umschlag: Andrea Belag

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»Aaron's Rod«, so der Originaltitel, erschien 1922 und markiert D.H. Lawrences Abschied von England. Erzählt wird die Geschichte des Bergarbeitersohns Aaron Sisson aus den Midlands, der Frau und Kinder verläßt, um in London und später Italien eine Karriere als Flötist zu beginnen. Lawrence verarbeitet in dem Roman eigene Erlebnisse innerhalb der Londoner Bohème während des Ersten Weltkriegs und seine Begeisterung für das Leben in Italien, wo sein Held sich neu zu finden versucht. Erstaunlicherweise ist der Roman im deutschen Sprachraum bislang übersehen worden dies ist die erste Übersetzung.

D. H. Lawrence (1885 – 1930) entstammt einer englischen Bergarbeiterfamilie. Bis 1911 arbeitete er als Lehrer in Croydon. In diesem Jahr erschien sein erster Roman, »Der weiße Pfau«. Bis zu seinem frühen Tod in Vence, Südfrankreich, publizierte er elf Romane (»Lady Chatterley's Lover«), zahlreiche Erzählungen und mehrere Bände Lyrik.

»Ich will nicht, daß mein Schicksal oder die Vorsehung es gut mit mir meinen. Ich will keine Freundlichkeit oder Liebe. Ich glaube nicht an Harmonie oder daran, daß Menschen sich lieben können. Ich glaube an den Kampf und an sonst nichts. Ich glaube an den Kampf, der in allem ist. Und was Frauen anlangt, so glaube ich an Kampf der Liebe, selbst wenn ich dabei geblendet werde.«
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Leseprobe

Aaron fühlte ein neues Ich, einen neuen Lebensdrang in sich erstehen. Florenz schien einen neuen Menschen in ihm zu schaffen. Es war eine Stadt der Männer. Am Freitag morgen hörte er schon ganz früh den Verkehr. Und beobachtete die ziemlich niedrigen zweirädrigen Einspänner der Bauern, die rücksichtslos die Peitsche einsetzten, während sie über die Brücke fuhren. Und wenn er dann ausging, fand der die Piazza della Signoria voller Männer – ausschließlich Männer. Bauern, Grundbesitzer, Tagelöhner. Die merkwürdigen toskanischen Bauern mit ihren feingeschnittenen Nasen und den halb tückischen bernsteinfarbenen Augen. Ihr merkwürdiger Individualismus, die lässige und verwegene Kleidung, die Hüte mit dem persönlichen Dreh. Ihre merkwürdigen vollen ovalen Wangen, ihre Neigung zur Fettleibigkeit, zum Spitzbauch und schweren Gliedern. Ihr enganliegendes dunkles Haar. Und vor allem ihr scharfer, fast beißender, spöttischer Gesichtsausdruck, das feine Krausziehen der Nase, die ewige Herausforderung, der tiefste Unglaube und die kluge Furchtlosigkeit. Die gefährliche, kluge, unausrottbare Furchtlosigkeit und der beißende Unglaube.
Männer! Alles Männer! Eine Stadt der Männer, trotz allem. Die eine männliche Eigenschaft: unzerstörbare, beißende Furchtlosigkeit. Die ewige Herausforderung der ungestillten menschlichen Seele. Heute vielleicht zu beißend, zu herausfordernd, da es nichts mehr herauszufordern gibt. Alles Männer – die ohne Entschuldigung oder Rechtfertigung existierten. Männer, die sich weder rechtfertigen noch entschuldigen würden. Einfach Männer.

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Als er die Flöte auf den Tisch legte, sah er auf sie und lächelte. Er erinnerte sich, daß Lilly sie Aarons Stab genannt hatte.

»Du treibst also Blüten? Und bekommst auch Dornen«, sagte er laut.

So lange Zeit war er in sich gefesselt gewesen und zurückgehalten. Eine so lange Zeit war der Griff hart und unnachgiebig gewesen, so hart und unnachgiebig. Er hatte nichts mehr gewollt, sein Begehren hatte sich zurückgehalten, fest zurückgehalten. …
Und jetzt kehrte sein Begehren wieder. Aber heftig, stark wie Stahl. Wie die Stärke eines Adlers mit dem Blitz in seinen Krallen. Etwas Triumphierendes, etwas Anmaßendes hatte diese mächtige männliche Leidenschaft: arrogant, königlich, Jupiters Blitz. Aarons schwarzer Machtstab blühte wieder – mit roten Florentiner Lilien und grimmigen
Dornen. Er sonnte sich im Glanze seines eigenen männlichen Blitzens, gab sich dem machtvollen Donner männlicher Leidenschaft hin. Er hatte sie wieder, die männliche Göttlichkeit, den männlichen Götzenkopf.
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D. H. Lawrence – Aarons Stab – Errata
Durch ein Versehen des Setzers wurde auf Seite 303 die Anspielung auf das Gedicht The Blessed Damozel von Dante Gabriel Rossetti durch einen Weißraum ersetzt. In der dazugehörigen Erläuterung auf Seite 390 ist die Seitenzahl darüber hinaus fälschlich mit »203« angegeben. Der Setzer
bittet die Leser, diese Fehler zu entschuldigen und stellt hiermit zur Reparatur zwei Ausschnitte zum Einkleben zur Verfügung:
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