Felix Jackson
Berlin, April 1933
Roman
Aus dem Amerikanischen von Stefan Weidle
Nachwort mit zahlreichen historischen Zeugnissen von Helmut Asper
298 Seiten
Fadenheftung, fester Einband
€ 21
ISBN: 978-3-931135-05-8
Erschienen: 1993
Umschlag: Andrea Belag
Berlin, April 1933 ist ein Tagebuchroman. Er wird erzählt von einem Berliner Anwalt, der nach der Machtergreifung der Nazis feststellen muß, daß er jüdische Vorfahren hat. Ohne Ariernachweis kann er jedoch seinen Beruf nicht länger ausüben. Ein SS-Offizier schlägt ihm einen Handel vor: Seine Papiere werden getürkt, wenn er Freunde, die gegen das Nazi-Regime kämpfen, verrät. Er muß sich entscheiden … Der Roman, so Jackson, beruht auf tatsächlichen Ereignissen. Nichts ist erfunden, Figuren und Schauplätze sind authentisch, nur die Namen wurden geändert.
Felix Jackson wurde als Felix Joachimson 1902 in Hamburg geboren. Er begann in den Zwanziger Jahren als Kritiker und wurde später ein erfolgreicher Bühnenautor.
Nach der Emigration verfaßte er in Österreich und Ungarn Filmdrehbücher. Diese Tätigkeit setzte er ab 1936 in den USA fort und wurde dann Produzent, zuletzt beim Fernsehen (NBC). Am 4. Dezember 1992 ist Felix Jackson in Camarillo, Kalifornien, gestorben.
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»Felix Jacksons Roman Berlin, April 1933 ist ein Buch, das man nicht vergessen sollte, nicht vergessen kann. Von der ersten Zeile an gelingt es dem Autor, den Leser in Bann zu ziehen. Auf eindrucksvolle Art erforscht er die Anfänge jener heimtückischen Machenschaften, die schließlich in den Schrecken des Holocaust führten. Das Buch hat mich zutiefst bewegt, und ich hoffe sehr, daß es zahlreiche Leser findet.«
Lotte Lenya
»Wenn wir über gestern reden, sprechen wir von heute und morgen.«
Felix Jackson
Leseprobe
Im Taxi dann nahm Karin meine Hand. Als wir an der Oper ankamen, war meine Stimmung schon besser geworden. Während wir das Foyer betraten, sagte Karin zu mir: »Margie und Carl sitzen neben uns.«
Wir hatten gerade die Einlaßkontrolle hinter uns, und ich blieb stehen.
»Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
»Ich hatte Angst, du würdest dann nicht mitkommen.«
Wir gingen weiter.
»Sehr richtig.«
»Aber ich weiß doch, wie sehr du Strauss liebst, und Carl hat die Karten besorgt.«
Wir gingen durch den Mittelgang des Parketts. Ich war sehr aufgebracht. Ich wollte Carl Adriani nicht wiedersehen. Nicht jetzt, nicht nachdem Klaus mit ihm über mich geredet hatte, über mein Problem.
Es war zu spät. Margie hatte uns schon gesehen und winkte uns freudig zu sich. Carl Adriani stand auf. Unsere Plätze befanden sich in der sechsten Reihe, in der Mitte. Wir schüttelten uns die Hände. Adriani sah in seiner SS-Galauniform glänzend aus. Margie strahlte. Offenbar war sie stolz, mit ihm in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.
…
Ich versuchte, locker und entspannt zu wirken, doch Adriani fiel keinen Moment lang darauf herein. Er wußte so gut wie ich, was auf dem Spiel stand. Er sagte: »Ich habe Ihre Papiere eingesehen und Ihren Hintergrund durchleuchten lassen.«
»Meine Familie war …«
Er fiel mir ins Wort: »Davon rede ich gar nicht, Herr Dr. Bauer. Ich meine Ihren ganz persönlichen Hintergrund. Sie waren Mitlied der Demokratischen Partei?«
»Ja.«
»Links von der Mitte.«
Ich nickte.
»Wo stehen Sie heute politisch, Herr Dr. Bauer?«
»Ich bin Deutscher, Herr Adriani. Hier ist meine Heimat. Hier habe ich meine Wurzeln.«
Er schwieg lange. Das erste Glockenzeichen kündete den Beginn des zweiten Aktes an.
Schließlich sagte er: »Manche Parteimitglieder fänden Ihre Antwort alles andere als zufriedenstellend. Doch ich muß sagen, daß ich denjenigen gegenüber immer mißtrauisch war, die sich unmittelbar nach unserer Machtergreifung zum Nationalsozialismus bekehrten. Mir ist eine ehrliche Haltung lieber. Ein Übertritt aus Überzeugung – nach reiflicher Überlegung.«