Heinrich Hauser
Zwischen zwei Welten
Roman
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Stefan Weidle
Blick ins Buch
252 Seiten, Photographien: Heinrich Hauser mit freundlicher Genehmigung von Huc Hauser
fadengeheftete Broschur
€ 19
ISBN: 978-3-938803-45-5
Erschienen: April 2012
Ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen scharfe Beobachtungsgabe und humanistische Überzeugung ihn ganz selbstverständlich zur offenen Kritik an der Naziherrschaft treiben, muß seine Heimat verlassen und in die USA emigrieren. Seine Frau und die beiden Kinder sind bereits in New York. Die Frau arbeitet in einem Warenhaus, er übernimmt den Haushalt, kauft aus Geldmangel Schlachtabfälle, an denen die Familie fast stirbt.
Doch dann nimmt das Ganze eine außerordentliche Wendung: Gerade als das Ehepaar bereit ist, den letzten Halt, einander nämlich, aufzugeben, um vielleicht über neue Beziehungen den Kindern eine Zukunft zu sichern, präsentiert das Schicksal einen deus ex machina, einen Verleger, der die düsteren Texte des gehetzten Europäers veröffentlicht. Geld kommt ins Haus, und der intellektuelle Familienvater beschließt etwas Ungeheures – er beginnt, weitab der amerikanischen Zivilisationsmetropolen, als kleiner Farmer, um sich dem großen, fremden Land physisch zu widmen, ja hinzugeben, und es so zur neuen Heimat zu machen, zumindest seinen Kindern.
Zwischen zwei Welten (1942 /43 entstanden) ist ein autobiographischer Roman.
Heinrich Hauser (1901 – 1955) beschreibt darin die Flucht aus Deutschland und sein Leben auf der Farm in der Nähe von Albany, N. Y. Er lebte in den USA ziemlich isoliert, hielt nur Kontakt zu George Grosz, der als Romanfigur auftaucht. 1948 kehrte Hauser nach Deutschland zurück und wurde für kurze Zeit Chefredakteur des »Stern«. Das Manuskript zu Zwischen zwei Welten fand sich in seinem Nachlaß und wird nun zum ersten Mal publiziert. Darin erweist Hauser sich abermals als einer der großen Stilisten der deutschen Sprache.
Von ihm liegen im Weidle Verlag vor: Donner überm Meer. Roman (2001) und die Ruhrgebiet-Reportage Schwarzes Revier (herausgegeben von Barbara Weidle, mit einem Nachwort von Andreas Rossmann; ausgezeichnet von der Stiftung Buchkunst)
Vielleicht ist es Müdigkeit, vielleicht rührt es von übergroßer Spannung, innerer Erregung her, daß mir alles so seltsam und unwirklich vorkommt. Das Schicksal ist mit uns durchgegangen wie ein galoppierendes Pferd; wir haben eigentlich nichts getan, als ihm die Zügel freizugeben, und nun sitze ich hier, und dies ist mein Haus, ringsum mein Land, und es wartet; wartet, daß wir von ihm Besitz ergreifen, daß wir unsre Wurzeln in seine Erde senken. Es fordert unsrer Hände Arbeit, und es bietet uns Asyl.
Es dunkelt; über die Wiesen ziehen die Nebelfeen, aus den Fenstern hinter mir fällt der milde Schein der Kerzen, die ich entzündet habe zum Willkomm; oben aus dem Wald hallen die dumpfen Rufe der Nachteulen. Und da ist es, als ob das Haus zu mir zu sprechen beginnt. Ich habe ihm heute meine erste Gabe dargereicht, habe es gereinigt und dabei Schweiß vergossen, habe mir die Finger blutig gerissen an seinem rauhen Holz und seine durchkälteten Wände mit dem ersten Feuer gewärmt, und nun gibt das Haus mir etwas zurück; es öffnet seine Seele.
Ganz vertraulich reibt die Verandasäule ihren Rücken gegen den meinen, und, die Augenlider sinkend vor Müdigkeit, murmle ich: »Ja, ja, ich weiß. Mach dir mal keine Sorge, wir werden schon für dich sorgen, wir sind ja aufeinander angewiesen, du und ich.