Pétur Gunnarsson
ich meiner mir mich
Roman
Aus dem Isländischen von Benedikt Grabinski
Blick ins Buch
120 Seiten
Fadenheftung, fester Einband, Schutzumschlag
€ 16,90
ISBN: 978-3-938803-44-8
Erschienen: Februar 2012
Stiftung Buchkunst prämiert: »eines der schönsten Bücher«
Reykjavík Mitte der 1960er Jahre. Der junge Andri kommt von einem Aufenthalt auf dem Land in die Stadt zurück und muß sich neu einleben; Mutter und Schwester sind in einen modernen Wohnblock gezogen, er geht in eine andere Schule und findet sich in einem unbekannten Umfeld wieder. Und dazu beginnt auch noch seine Pubertät, er leidet unter Erröten, bekommt Pickel, und sein Interesse am anderen Geschlecht nimmt ungeahnte Ausmaße an. Wilde Jahre zwischen Zigaretten- und Alkoholdunst, Schule und Straße, Stadt und Land – zum Soundtrack der Beatles. Eine wunderbare Erzählung über die Mühen des Erwachsenwerdens.
Pétur Gunnarsson beschreibt diese Pubertät mit Empathie, Einsicht und Humor. Immer wieder mischt er das Weltgeschehen in die Ereignisse um Andri und seine Schwester Sista.
ich meiner mir mich ist der zweite Band der Roman-Tetralogie um Andri Haraldsson, er erschien 1978 in Island. Der erste Band, punkt punkt komma strich, ist eines der meistverkauften Bücher Islands der letzten Jahrzehnte und wurde im Herbst 2011 auch hierzulande mit viel Beifall aufgenommen.
Pétur Gunnarsson, einer der bekanntesten Autoren und Übersetzer Islands, wurde 1947 in Reykjavík geboren.
Leseprobe
In der Dunkelheit standen Jungen, die sich vergnügen wollten, mit Mädchen, die keine Freudenmädchen sein wollten. Sind die Geschlechter dazu verdammt, auf ewig aneinander vorbeizuleben? Die Jungen glaubten, die Mädchen hätten irgendeine Art Thermostat, den man hochregeln müßte, damit sich alle Zugänge öffneten. Wollte man eine Frau »aufreißen«, mußte man also den Temperaturregler bei ihr finden. Waren es die Brüste, die Schenkel, das Dreieck selbst? Manche hielten es für besonders erfolgversprechend, an den Ohrläppchen zu saugen, andere vertraten Theorien über das Genick, dort sollte sich dieser Schalter verbergen, der alles in Gang bringt.
Die Mädchen glaubten, die Jungen wollten nur »du weißt schon, was«, und wenn sie jemanden mochten, mußten sie genau abwägen und Grenzen setzen. Das Genick war mehr als willkommen, die Ohrläppchen also auch. Die Schenkel, warum nicht, dennoch ein wenig, als würde ein Schaf abgetastet. Die Brüste waren natürlich Ansichtssache, an sich nichts dagegen, einem Jungen zu erlauben, die Brüste zu berühren, da der es ja mochte, schlimm nur, wie mickrig sie waren, hielten keinem Vergleich stand mit diesen Ballons, die die Jungen als Richtwert aus Pornoheften kannten.
Der Schritt kam nicht in Frage, darüber brauchte man gar nicht zu diskutieren, nicht zuletzt, weil dort jener Knopf verborgen war, der die Atombombe hochgehen ließ.