Beethovenhalle Bonn. Konzerthaus. Festsaal. Denkmal.

Herausgegeben von Martin Bredenbeck, Constanze Moneke und Martin Neubacher.

Mit Beiträgen von Marion Euskirchen, Hiltrud Kier, Udo Mainzer, Wolfgang Pehnt, Jörg Rüter, Andreas Rossmann, Andreas Schätzke.
208 Seiten, zahlreiche Abbildungen
17 x 24 cm, fadengeheftete Broschur
€ 19,90
ISBN: 978-3-938803-28-8
Erschienen: Mai 2010
Herausgeber: Bredenbeck, Moneke, Neubacher

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Die von dem Architekten Siegfried Wolske entworfene und am 8. September 1959 feierlich eingeweihte Beethovenhalle wurde 2010, im Jahr nach ihrem 50. Geburtstag, vorläufig vor dem Abriß gerettet. Der als Geburtstagsgeschenk verstandene Band versammelt Beiträge, die die Jubilarin in der ganzen Bandbreite ihrer historischen und gesellschaftlichen, städtebaulichen und architektonischen Bedeutung vorstellen. Sie sollen Lust darauf machen, den Bau neu zu entdecken – zu entdecken, was eine denkmalgerechte Sanierung aus ihm machen könnte. Beethovenhalle Bonn – ad multos annos !
Der Bau in Bonn hat etwas von jener Schlichtheit, die nichts übertreibt und nichts untertreibt. Er hält Maß, und es ist schon heute sicher, daß er der provisorischen Bundeshauptstadt einen Akzent gibt, der über den Tag hinaus wirken wird, wenn Bonn nicht mehr Bundeshauptstadt sein sollte. Bonn ist kein Ersatz für Berlin. Seine Beethovenhalle aber wird den Wechsel der Zeiten und Systeme überstehen. Sie ist besser als alles, was man bisher und sonst im Namen des größten Sohnes der Stadt unternommen hat.

(Stuttgarter Zeitung, 3. September 1959)

LESEPROBEN:

Die Beethovenhalle ist in besonderer Weise mit der Gründungsphase des deutschen demokratischen Staatwesens nach 1945 schicksalhaft verbunden. Die Initiative zur Errichtung der neuen Beethovenhalle als Ersatz für die 1944 zerbombte Vorgängerin ging ganz wesentlich von der Bonner Bürgerschaft aus. In der Realisierung dieses ehrgeizigen Bauprojektes wird in beeindruckender Weise ein demokratischer Entscheidungsprozeß faßbar, der von der Formulierung der Wettbewerbsaufgabe bis hin zur Diskussion um die künstlerische Ausstattung reichte. Unmittelbar am Rhein an der Nordkante des historischen Stadtleibes plaziert, geniest sie dank ihrer freien und exponierten Lage eine Vielansichtigkeit, die sie wie eine monumentale Freiplastik erscheinen last. Sie etablierte sich damit als architektonisches und städtebauliches Wahrzeichen der Stadt. Der umfangreiche Baukomplex wurde 1956 bis 1959 nach Entwürfen des damals 29jahrigen Wettbewerbsiegers Siegfried Wolske (Hamburg), einem Scharoun- Schuler, errichtet. Das Gebäude meidet jede Axialitat und Symmetrie und fordert dadurch zum Um- und Durchschreiten auf, um vollständig erlebt werden zu können. Unterschiedliche Flachbauten greifen ineinander und scharen sich um das emporragende Zentrum, das mit einem leicht aufschwingenden Kupferdach den Großen Saal weithin zeichenhaft überspannt. Diese die Physiognomie der Stadt Bonn prägende Markanz ließ die Beethovenhalle zu einer baukünstlerischen Ikone werden.

Das Gestaltungsprinzip von geschlossenen und offenen Elementen prägt Aufriß und Grundriß gleichermaßen, ein Dualismus, der durch die Baukörperlichkeit von runden, geraden und eckigen Formen gesteigert wird.

Bei der feierlichen Grundsteinlegung durch den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss am 16. März 1956 wurde ein kostbares Gefäß mit Erde vom Grab Beethovens eingemauert. Gleichzeitig konstituierte sich neben der Initiative von Bonner Bürgerinnen und Bürgern unter dem Ehrenvorsitz des Bundespräsidenten ein ≫Kuratorium zur Forderung der Pflege des künstlerischen und geistigen Erbes Ludwig van Beethovens≪, dem es gelang, Millionenbetrage für die Beethovenhalle zusammenzutragen. Ihm gehörten so bedeutende Persönlichkeiten des Musiklebens wie Arthur Honegger, Aaron Copland und Alfred Cortot an, nicht zuletzt auch Elly Ney, seit 1927 Ehrenbürgerin der Stadt Bonn, die Einnahmen aus ihren Konzerten spendete. Die feierliche Einweihung am 8. September 1959 war die letzte Amtshandlung von Theodor Heuss in Gegenwart seines Nachfolgers Heinrich Lübke.

(Udo Mainzer: »Die Bonner Beethovenhalle als Objekt der Denkmalpflege«)

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Was die wenigsten jedoch wissen, ist, das Siegfried Wolskes Formensprache lange von der Form der Beethovenhalle geprägt war. Seine Wettbewerbsentwurfe zu den Kulturbauten in Duisburg, Linz und Ulm zeigen alle die ausschwingende Dachstruktur des Großen Saals und die Zusammensetzung aus unterschiedlich geformten Kuben für die umgebenden Räumlichkeiten. Erst in den 1970er Jahren verändert sich diese Struktur in seinen Entwürfen zu mehreckigen Elementen, die allerdings immer wieder ein zentralisiertes, durch seine Hohe dominierendes Element aufweisen, um das sich die anderen Baukörper, abgesetzt in ihrer jeweils eigenen Form, gruppieren. Hatte Siegfried Wolske einen seiner Entwürfe umsetzen können, standen an diesen Orten nun Kulturbauten beziehungsweise Konzerthäuser, die in ihrer Formensprache einen klaren Bezug auf die Bonner Beethovenhalle nicht verleugnen konnten. Neben seinen Bautagebuchern sind seine privaten Tagebucher sowie seine Skizzenbucher erhalten. Zeit seines Lebens trug er immer eines bei sich und hielt Ideen, Urlaubseindrucke, architektonische Zitate und Formstudien fest. Vor allem diese Skizzenbucher lassen erkennen, daß die Formgebung der Beethovenhalle auch Teil seines Privatlebens war. Immer wieder taucht die ellipsoide Form des Grundrisses vom Großen Saal auf und findet sich sogar auf einem von ihm bemalten Seidentuch wieder. Dieses Geschenk an seine Frau zeigt mehrere farbige Formen, in deren Zentrum eindeutig das Oval des Zentrums der Beethovenhalle dominiert und als dieses erkennbar ist.

(Constanze Moneke: »Siegfried Wolske. Leben und Werk«)

Bonn, Beethovenhalle (Siegfried Wolske, 1956 - 1959)

Künstlerfoyer und Bar (zwischen Saalpodium und Restaurant) um 1959 (nicht mehr vorhanden).

Stadtseite von Südwesten, um 1960

Großer Saal

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